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Nincshof von Johanna Sebauer

  "Nincs" ist ein ungarisches Wort und bedeutet „nichts“ oder „ist nicht vorhanden". Die 80-jährige resolute Erna Rohdiebl kennt noch die Gründungssage des kleinen burgenländischen Ortes Nincshof an der österreichisch-ungarischen Grenze, das ursprünglich im Schilfsumpf versteckt und von der Außenwelt abgeschnitten gewesen sein soll. Heute aber haben Radfahrer und sonstige auswärtige Gäste die seit langem trockengelegte Gegend entdeckt, und jetzt ist auch noch eine rührige Bobo-Familie aus Wien in den Ort gezogen: Der Architekt Silvano züchtet die überaus seltenen südamerikanische Irrziegen und möchte stressgeplagten Städern Wanderungen mit den exotischen Tieren anbieten. Seine Frau Isa Bachgasser ist eine berühmte Dokumentarfilmerin, die sich für die Geschichte des Dorfes interessiert. All diese Aktivitäten stellen eine Bedrohung für die Abgeschiedenheit des Ortes dar, so argwöhnt der Geheimzirkel der Ninc
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Die Geheimnisse von Birdwood. Das Versteck von M. G. Leonard

  Ein wenig erinnert der charmante und spannende Kinderroman "Die Geheimnisse von Birdwood" an Emil und die Detektive, wenn am Ende eine ganze Schulklasse einen gesuchten Bankräuber überwältigt. Dabei denkt man zunächst gar nicht an einen Kriminalroman, wenn man Twitch bei seinen Streifzügen durch das Naturschutzgebiet Birdwood begleitet. In der Schule wird er als Aussenseiter schikaniert, umso mehr gilt seine Liebe den Vögeln, über die er vieles weiss und die er leidenschaftlich gerne beobachtet. Doch zu Beginn der Sommerferien ist plötzlich alles anders: Twitch hilft einem seiner Quälgeister aus einer Notlage und glaubt, endlich einen Freund gefunden zu haben, doch kann er dem Frieden trauen? Da ist auch dieser geheimnisvolle Fremde, der angeblich zum Vogelbeobachten da ist und doch eine Schwalbe nicht von einem Spatz unterscheiden kann. Und was haben die zwei Mädchen zu verbergen, die Twitch immer wieder im Wald

Besser allein als in schlechter Gesellschaft von Adriana Altaras

  Es ist eine bewegende Tante-Nichte-Beziehung, die dieses autobiografisch erzählte Buch zum Inhalt hat: Die fast hundertjährige Tante lebt in einem Altersheim in Mantua und die Nichte ist erfolgreiche Opernregisseurin in Deutschland. Und da gerade strengste Pandemie-Regeln herrschen, sind es meist die Gespräche am Telefon, die Aufschluß über diese Beziehung geben. Die Tante liebt ihre Nichte und Adriana liebt ihre Tante. Auch in der Endstation Altersheim denkt die kreuzfidele Tante nicht daran, sich selbst aufzugeben, und hat für alle Fälle und für jede Situation immer das richtige Sprichwort bereit. Eines dieser Zitate gab diesem Buch sogar seinen Titel. Tantes Eigensinn läßt oft das Pflegepersonal im Heim Kopf stehen; und doch oder gerade deswegen wird sie besonders geliebt. Davon profitieren alle Beteiligten. „Das Leben bedeutet generell einen enormen Kraftau

Vier Schwestern von Ernst Strouhal

  Die bekannteste unter den vier Schwestern Benedikt ist Friedl, die als junge Schriftstellerin unter dem Pseudonym Anna Sebastian in England einige erfolgreiche Romane schrieb. Hierzulande ist Friedl Benedikt jedoch mehr aus den autobiografischen Schriften Elias Canettis geläufig, mit dem sie eine lange Beziehung hatte. Auch ist eine der Figuren in Veza Canettis Roman "Die Schildkröten", in dem die Anschlusstage in Wien 1938 beschrieben sind, ihr nachempfunden. "Sie haben Papa verhaftet!", lässt Veza Canetti in ihrem Roman die junge Frau verzweifelt sagen. Dieser Papa ist in der Realität Ernst Benedikt, ehemaliger Chefredakteur der Neuen Freien Presse. 1938 gerät das gutbürgerliche Leben der Familie Benedikt in ihrer Villa in Wien Grinzing, Am Himmel 55, tatsächlich aus den Fugen. Die vier Schwestern Gerda, Friedl, Ilse und Susi werden in verschiedene Länder geschickt, weg aus Hitlers Großdeutschland. Die Eltern folgen ihnen nach vielen Schikanen der Nationalsozial

Der Riss der Zeit geht durch mein Herz von Hertha Pauli

  Die Erinnerungen von Hertha Pauli - was für eine Wiederentdeckung! Die Schauspielerin, Verlegerin und Literaturagentin wusste genau, wie man ein hervorragendes Buch schreibt. Ihre Vertreibung und Flucht aus Wien und das immer bedrückender und gefährlicher werdende Leben der Hitlergegner im besetzten Frankreich, all das ist so spannend geschildert, dass man immer weiter lesen will.  Es ist der 11. März 1938, Vormittag. An der Wiener Opernkreuzung ist kein Durchkommen. Im Weggehen vom Hotel Bristol, wo sie eine Besprechung mit einer amerikanischen Verlegerin hatte, gerät Hertha Pauli mitten in den Aufruhr: Massenweise stehen sich Hitler-Anhänger und Hitler-Gegnern und Österreich-Befürwortern gegenüber. Im Café Herrenhof trifft sie sich mit ihren Freunden; doch gleich am Nebentisch sitzt der Innenminister Arthur Seyss-Inquart, der im Auftrag Hitlers in den nächsten Stunden Bundeskanzler Dollfuss stürzen wird. Die Flucht ist für die Literatengruppe unausweichlich. Über Zürich gelangt Her

Der Anfang von morgen von Jens Liljestrand

  Packend, spannend und super geschrieben - die Klimakrise ist in der Belletristik angekommen. Bei solch einem brisanten Thema kann viel schiefgehen: Moralisieren, Deprimieren, Aufbauschen, Verharmlosen ... Aber Jens Liljestrand umschifft all diese Klippen und trifft genau den Ton.  Es ist Sommer in Schweden, ein Sommer, in dem die verheerenden Auswirkungen der Klimaveränderungen so deutlich wie nie zuvor zu Tage treten: Sogar im kühlen Skandinavien brennen die durch anhaltende Dürre ausgetrockneten Wälder, stirbt das Meer den Wärmetod an Übersäuerung, schwächelt das Stromnetz, werden ganze Landstriche evakuiert. Nacheinander werden die Ereignisse aus der Sicht von vier Personen erzählt: Der woke, midlife-crisis-geplagte Familienvater Didrik, der zwar die Klimakrise seit langem kommen sieht, nun aber unfähig ist, mit den neuen Widrigkeiten klarzukommen; seine Geliebte, die drogensüchtige Influencerin Melissa, die ihre Anhänger auf Genießen ohne jede Einschränkungen einschwört und alle

Landpartie von Gary Shteyngart

  Will man einen Roman lesen, der um das Thema Covid konstruiert ist? Ja, wenn er so gut geschrieben ist wie „Landpartie“ von Gary Shteyngart! Im Frühling 2020 lädt der Bestseller-Schriftsteller und Fernseh-Autor Sascha Senderovsky eine Gruppe von Bekannten auf sein Landhaus nahe New York City, um dort in Abgeschiedenheit und gleichzeitig in Gesellschaft die Pandemie zu übertauchen. Es sind einige alte Kindheits- und Highschool-Freunde, die Senderovsky und seine Frau Masha, eine Psychotherapeutin, für die kommenden Monate bewirten: da sind der reiche Globetrotter Ed und die smarte Silicon-Valley-Millionärin Karen, beide mit koreanischen Wurzeln. In Karen ist seit langer Zeit der nächste im Bunde, der indisch-stämmige Vinod verliebt ist, dieser ein Philosoph und hochbegabter Uni-Absolvent, der sein Leben aber als Tellerwäscher fristet und als Lungenkrebs-Patient das größte Risiko zu erkranken hat. Frischen Wind in die eingeschworene Gruppe bringen die junge Autorin Dee, Schülerin Se