Ein Schmöker definiert sich als ein dickerer, inhaltlich weniger anspruchsvoller, aber zugleich fesselnder Roman. Und dieses Buch liest sich ebenfalls wie ein kleiner Schmöker, jedoch mit dem Unterschied, daß es nicht nur spannend ist, zugleich aber ein anspruchsvolles geschichtsträchtiges Thema zum Inhalt hat. Es geht um die Hungersnot 1849 in Irland, ausgelöst durch die Kartoffelfäule und die Landvertreibung des irischen Volkes durch die englischen Grundherren.
Dem irischen Mädchen Honora wird im Leben nichts geschenkt. Von Kind an auf sich allein gestellt und ausgegrenzt, wächst sie in Armut auf. Um nicht zugrunde zu gehen, fährt sie als blinder Passagier mit einem Schiff nach Amerika, wo sie vom Regen in die Traufe kommt, und unter sklavenartigen Umständen als Zimmermädchen schuften muß. Mit ihrer Kollegin flieht sie in den Westen. Dort steckt man sie in ein Bordell, wo sie wie eine Gefangene gehalten wird. Einer ihrer sogenannten Freier findet Gefallen an ihr und macht ihr einen Heiratsantrag. Als Eheleute fliehen sie hinaus in die Prärie und leben als Farmer von dem ihnen zugeteilten Land. Honora könnte jetzt frei und glücklich sein, bis ein einsamer Reiter namens Joseph am Horizont auftaucht. So weit die kurze Inhaltsangabe. Aber die Autorin zieht im Buch auch Parallelen zwischen der irischen Landvertreibung und der Landvertreibung der indigenen Volksstämme Nordamerikas, was ihm eine geschichtliche Note gibt. Jacqueline O'Mahony stammt aus Cork, Irland, und hat bereits mit 14 Jahren schon erfolgreich publiziert. Dieses Buch widmet sie den Iren und Cayuse-Indianern, die dazu verdammt waren, in der Welt umherzuirren. Auch der sprachliche Lesegenuss ist beachtlich, woran die gute Übersetzung aus dem Englischen ihr Teil dazu beiträgt. Man kann das Buch einfach nicht aus der Hand legen. Also doch ein kleiner Schmöker ? [H R].
Jacqueline O'Mahony: Sing, wilder Vogel, sing. Aus dem irischen Englisch von pociao und Roberto de Hollanda. Verlag Diogenes. Eur[A] 24,70
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