Inhalt:
Hunderte Male ist man an dem Haus gegenüber der Votivkirche und der Wiener Universität vorbeigegangen, aber wer wusste über seine Geschichte und seine Bewohner Bescheid? Bis 1938 gehörte es der Familie Ephrussi, deren Aufstieg in Odessa begann und sich in Paris und Wien fortsetzte. Die Wiener Dynastie findet ein abruptes Ende mit dem "Anschluss" Österreichs 1938. Um einen Spottpreis "kaufen" die Nationalsozialisten das Haus der Familie ab, SA-Trupps machen sich darin breit, die kostbaren Möbel landen im Hof, die Gemälde und Bücher werden zerstört oder fortgeschleppt. Nur die wertvolle Sammlung japanischer Netsuke-Figuren bleibt von den Plünderern verschont zurück und wird von der Hausangestellten Anna, von der der Autor, ein Nachfahre der Familie, bis heute nur den Vornamen kennt, gesichert, verwahrt und nach dem Krieg der Familie zurückgegeben. Darunter ist auch der "Hase mit den Bernsteinaugen".
Unsere Bewertung:
Das Buch ist genau recherchiert, es erzählt aber auch lebendig und unsentimental von den Familienhistorien, von dem Kunstsammler Charles Baron Ephrussi in Paris und seinen Beziehungen zu den besten Künstlern seiner Zeit, von Ignaz von Ephrussi, der das Ringstrassenpalais von Theophil Hansen erbauen ließ, von Stefan Ephrussi, der als Ältester wohl für eine Laufbahn in der Bank vorgesehen war, jedoch mit der Geliebten seines Vater durchbrannte, von der Verzweiflung die Emmy Ephrussi 1938 als staatenlose Vertriebene ergriff und in den Selbstmord trieb, und vom Weiterbestehen der Familie in Japan und England.
Edmund de Waal: Der Hase mit den Bernsteinaugen.
Paul Zsolnay Verlag. Euro (A) 20.50
ISBN 978-3-552-05556-8
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