Inhalt:
Nach dem Ungarnaufstand 1956 verlässt eine Frau ihre Heimat, um nach Amerika auszuwandern. Ihr erwachsener Sohn bleibt zurück. Eines Tages aber besucht er sie, denn es beschäftigt ihn die gemeinsame Vergangenheit. Seine Mutter hat nie viel von ihrem Innenleben preisgegeben und ihrem Sohn, wie er glaubt, auch nicht viel mehr als notwendige Zuwendung zuteil werden lassen. Zum Beispiel hat er es nie verstanden, warum sie ihn nach seiner Geburt, Kindermädchen und Gouvernanten überlassen hatte. Hatte sie ihn überhaupt gestillt? Es beginnt eine Aufarbeitung der Familiengeschichte. Die beiden Figuren reiben sich, doch sind sie auch unzertrennlich miteinander verbunden.
Mit diesem Buch setzt der Autor seiner Mutter das schönste Denkmal, einer wunderschönen, verwöhnten Frau der besten ungarischen Gesellschaft, die in Zeiten der Repressalien durch Nationalsozialismus und nachfolgender kommunistischer Diktatur außergewöhnliche Stärke für sich und ihre Familie entwickelte. Im Anhang kann man den originalen Briefwechsel lesen, den Gizi Bajor, die berühmteste Schauspielerin der ungarischen Zwischen- und Nachkriegszeit und Patentante des Autors, mit Vertretern der Regierung Rákosi führt, um ihre Freundin Judit Vajda, die Mutter des Autors, aus dem Gefängnis zu bringen. Es sind aufwühlende Dokumente, die die Zeit hinter dem Eisernen Vorhang in Erinnerung rufen. (H.R.)
Miklós Vajda: Mutterbild in amerikanischem Rahmen.
aus dem Ungarischen übersetzt von Timea Tankó.
Verlag Braumüller, Wien.
Eur(A) 21.90
ISBN 978-3-99200-046-3
Miklós Vajda, geboren 1931, ist einer der bedeutendsten Literatur-Übersetzer Ungarns. Auch er war zur Zeit des Eisernen Vorhangs politischen Repressalien ausgesetzt, verlor seine Stellung als Lektor und musste sich mit Übersetzungen und Kritiken durchkämpfen. Der jetzt 78jährige verfasste nun seinen ersten Roman und schrieb damit meisterhafte ungarische Literatur.
Aus dem Buch:
„Meine Mutter im Abendkleid, im bodenlangen, gelben Seidenmorgenmantel, meine Mutter in ihren modischen Kostümen, Hüten, Pelzen………meine Mutter im Luftschutzkeller in langer Hose, in braunem Lodenmantel und dann, bei der Trümmerbeseitigung, in Schnürstiefeln, meine verwitwete Mutter mit einer bereits bescheidenen Eleganz………..hinter ihrer Kaffeemaschine ihres Bistros, meine Mutter in Sträflingskleidung, meine Mutter in ihrem grauen Arbeitkittel …. im Warenhaus Corvin, dann erneut in Sträflingskleidung….. und wieder in Lodenmantel und Schnürschuhen….1956, für ihre riskante, nächtliche Flucht gekleidet, ……….als sie im Wagon des schäbigen Personenzuges vor meinen Augen verschwindet. Das sind alles „meine Mutter“…!
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