Dieses Buch ist eine Persiflage auf den britischen
Literaturbetrieb und seinen Buchpreis-Rummel, wobei diese Geschichte genauso gut
in einem anderen Land der Welt stattfinden könnte.
Ein umstrittenes Unternehmen der Agrarwirtschaft
stiftet einen Preis für den besten Roman des Jahres, der mit Hilfe einer
fünfköpfigen Jury gekürt werden soll. Unter dem Vorsitzenden der Jury, einem
unterbeschäftigten Abgeordneten der Opposition, dem persönliche Publicity
wichtiger ist als die Liebe zur Literatur, agieren:
- Jo Cross, eine bekannte Kolumnistin und
Medienpersönlichkeit, bekannt für ihren Lieblingsausdruck „Relevanz“. („Wie
relevant ist der Text für meine Leser?“);
- Vanessa Shaw, Oxbridge-Akademikerin und Expertin
für Literaturgeschichte, die an „besonders gut Geschriebenem“ interessiert
ist;
- Penny Feathers, die verflossene Freundin eines
ehemaligen Politikers, und ohne literarische Grundkenntnisse;
schließlich:
- Tobias Benedict, Patensohn des ehemaligen
Staatssekretärs, der allen verkündet, dass er seit frühester Kindheit ein
begeisterter Leser ist und wie ein Wahnsinniger lese!
Dass es den Juroren meist nicht um die Sache,
sondern um eigene Befindlichkeiten und Interessen geht, liegt in der Luft. Schon
allein die Titel auf der „Bestlist“ lesen sich vergnüglich, wie z.B. DIE
GLITSCHIGE STANGE oder DER GEFRORENE WILDBACH, ein Bildungsroman von makelloser
Seelenqual oder DER MAULBEERELEFANT, ein „Opus Magnum“ von 2000 Seiten eines
selbstgefälligen indischen Adelssprosses, der seine Tante im Schlepptau hat, die
wiederum einen Verleger für ihr indisches Kochbuch sucht. Der Autor bringt
Textbeispiele aus allen literarischen Genres, die umwerfend komisch sind. Mit
knisternder Spannung sieht man dem Abend der Preisverleihung entgegen, der eine
unerwartete Überraschung bringt.
Nicht von ungefähr wurde St. Aubyn mit dem
Bollinger Everyman Wodehouse Prize ausgezeichnet. Man schmunzelt über viele
Parallelen zur Realität und ist „very amused“!
HR 22.10.2014
St Aubyn, Edward: Der beste Roman des Jahres
Verlag: Piper
EUR(A) 17,50
ISBN: 978-3-492-05435-5
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