Direkt zum Hauptbereich

Dieses altmodische Gefühl von Bruno Pellandini




Ildefons Krehmayer, ein angehender Fünfziger, geschieden, Vater einer Tochter und Architekt mit eigener Baufirma, ist auf dem Weg ins Büro. In der überfüllten U-Bahn sieht er eine aparte ältere Dame, die gedankenverloren vor sich hinlächelt, und von innerer Schönheit strahlt. Noch ahnt er nicht, dass dieser Anblick sein Leben verändern wird. Bei der Besichtigung einer seiner Baustellen, einer Wohnungsrenovierung, rinnt auf Grund eines schadhaften Fußbodens der Flüssigbeton in die darunter liegende Wohnung. Als er an dieser unteren Wohnungstür klingelt, öffnet ihm die aparte Dame aus der U-Bahn. Der Schaden ist groß, denn das Arbeitszimmer ihres verstorbenen Mannes wurde durch den flüssigen Beton total verwüstet. Während Ildefons die Aufräumungsarbeiten leitet, nimmt er die Gelegenheit wahr, diese Dame kennenzulernen. Es stellt sich heraus, dass sie die einstmals gefeierte Burgschauspielerin Pernilla Brigido ist, die sich schon seit längerer Zeit vom Bühnenleben zurückgezogen hat. Ildefons ist entflammt. Er lässt keine Gelegenheit aus, sich um Pernilla zu kümmern und sie mit Aufmerksamkeiten zu bedenken. Das Ende der Arbeiten aber ist nicht das Ende der Beziehung. Seine Besuche entwickeln sich zur lieben Gewohnheit. Ildefons macht sich unentbehrlich und Brigido lässt es sich gefallen. Auch bei ihr scheint Gefühl im Spiel, wenngleich sie die Distanz zu wahren weiß und ihn mit Launen und Alterskoketterie im Zaum hält.
Mehr sollte von der Geschichte nicht verraten werden.

Der Autor Pellandini ist Schweizer, lebt aber schon seit 20 Jahren in Wien. Das ist insofern bemerkenswert, weil ihm mit diesem Buch der wienerischste aller Romane gelungen ist. Man begleitet Ildefons durch die Straßen und Viertel von Wien, man erlebt die poetische Atmosphäre des Weinviertels, wo Brigida ein Sommerhäuschen besitzt, man fährt mit den beiden nach Tschechien, um die von dem Barockbaumeister Santini erbaute Wallfahrtskirche zu besichtigen. Allein die architektonische Beschreibung dieser Kirche ist kulturvoller Lesegenuss, und macht Lust darauf, selbst dorthin zu reisen.

Das Lesevergnügen zieht sich durch das ganze Buch. Da sitzt jedes Wort, jeder Satz und jede Zeile von der ersten bis zur letzten Seite ohne Zeilen füllenden Leerlauf! Es bedarf großer Schreibkunst, konsequent Sex und Erotik auszugrenzen und bei diesem ,,altmodischen Gefühl" zu bleiben, es aber dennoch zwischen den Zeilen heftig prickeln zu lassen.

HR

Zur Bestellung
Bruno Pellandini: Dieses altmodische Gefühl
Verlag: Residenz
Eur [A] : 22,-
ISBN: 978-3-7017-1669-2

Kommentare

  1. Die Beschreibung reizt mich, das Buch zu lesen.
    Ich muss es mir den Kauf ernsthaft überlegen!
    Thomas Schmid

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Es ist wirklich zu empfehlen! Eine Leseprobe gibt es hier auf der Verlagsseite: http://www.residenzverlag.at/?m=30&o=2&id_title=1839

      Löschen

Kommentar veröffentlichen

Beliebte Posts aus diesem Blog

Die Rassistin von Jana Scheerer

  War es rassistisch? Die Uni-Dozentin Nora Scheerer liegt gerade im Behandlungsstuhl einer Kinderwunsch-Praxis, als sie eine Rundmail ihrer Uni erhält, in dem von einem rassistischen Vorfall am Institut für Germanistik die Rede ist. Mit einem Anflug an Schadenfreude fragt sie sich erstmal, wen von der Kollegenschaft dies wohl betreffen mag. Doch bald kommt ihr, die als woke, lesbische Frau "grundsätzlich auf der Seite derer steht, die rassistische Vorfälle bekämpfen", eine Begebenheit aus ihrer eigenen Lehrveranstaltung in den Sinn. Hätte sie nicht ganz anders reagieren sollen? War ihr damaliger Kommentar etwa völlig unangemessen gewesen? Ist etwa sie selbst die Rassistin? Scheerer, als Linguistin gewohnt, sprachliche Äußerungen zu analysieren und zerpflücken, gerät in einen grotesken Bewusstseinsstrudel, in den sich immer wieder alte Bekanntschaften mit den unterschiedlichsten Standpunkten einklinken. Wer kann dafür, wenn dies und das passiert, und muss wirklich alles über ...

Windstärke 17 von Caroline Wahl

  In dem neuen Buch „Windstärke 17“ erfahren wir mehr über den Nebencharakter Ida aus „22 Bahnen“, die jüngere Schwester von Tilda. Ida verlässt die Kleinstadt, die mal ihr Zuhause war, um von ihrer Schwester loszukommen und ihre Trauergedanken zu verdrängen. Vor zwei Monaten fand die Beerdigung ihrer Mutter statt, zu der sie nicht hingegangen ist. Jetzt möchte sie einen Neuanfang wagen, mit nur ein paar Sachen in einem alten Koffer - Klamotten, Dinge von ihrer Mutter, sowie ihr MacBook, auf dem sie immer wieder erfolglos versucht zu schreiben. Angekommen auf der Ostseeinsel Rügen, trifft sie auf den Barbesitzer Knut, der jeden auf dieser Insel zu kennen scheint. Als Ida dann von ihm und seiner Ehefrau Marianne aufgenommen wird und sie auf Leif trifft, kann sie ein wenig aufatmen und leben. Bis Idas Welt wieder ins Wanken gerät und sie feststellen muss, dass auch ein Neuanfang seine Höhen und Tiefen haben kann... Dieser Roman ist einfach eine Achterbahn der Gefühle, der einen m...

Die Reise nach Laredo von Arno Geiger

Karl V. hat lange über ein schier unermessliches Reich geherrscht. Doch nun hat er der Machtpolitik den Rücken gekehrt und sich in ein abgeschiedenes Kloster im spanischen Yuste zurückgezogen. Von seinen Hofschranzen können es manche gar nicht erwarten, ihren abgedankten, fettleibigen und kranken König tot zu sehen, um nur rasch aus dem kleinen Nest wegzukommen. Da ist aber noch der elfjährige, von seiner Mutter getrennte Geronimo, der nicht weiß, dass er ein leiblicher, illegitimer Sohn Karls ist (später wird er unter dem Namen Don Juan d'Austria berühmt sein). Greife, die prächtigen Fabelwesen, haben es ihm angetan, und in Karls Wohnung hängt ein Wandteppich mit einem Greif: "Sieh ihn dir an, wenn ich tot bin.", sagt er dem Kind. Ob das am Ende in Erfüllung gehen wird?  Noch ganz andere Dinge scheinen plötzlich in Erfüllung zu gehen: ein Ausbruch Karls aus seinem Totenbett, eine lange Reise mit seinem Sohn durch Spanien ans Meer, auf der sich seltsame Dinge ereignen, au...