Direkt zum Hauptbereich

Heute leben wir von Emmanuelle Pirotte


 Die Geschichte spielt im Kriegswinter 1944, und ist eine von unzähligen dramatischen Geschichten aus dem Zweiten Weltkrieg; aber was für eine unglaublich fesselnde Geschichte, die uns die Autorin präsentiert. Inspiriert von Berichten ihrer Großeltern, die damals selbst ein jüdisches Kind bei sich versteckt und so vor dem Tod gerettet hatten, liest sich der Roman besonders glaubwürdig.

Der französische Kriegsschauplatz befindet sich in den von den Deutschen besetzten Ardennen, wobei die Alliierten bereits im Vormarsch sind.

Die kleine Renée - ihr wahrer Name ist nicht bekannt, ihr Alter wird auf 6 -7 Iahre geschätzt, die Eltern wahrscheinlich deportiert und tot - ist in keinem Versteck mehr sicher, nicht einmal beim Dorfpfaner. In Panik übergibt er das Kind zwei in einem amerikanischen Jeep vorbeifahrenden Soldaten, die in Wirklichkeit als Amerikaner getarnte SS-Offiziere sind. Diese beschließen sogleich, sich des Kindes durch Erschießen bei der nächsten gtinstigen Gelegenheit zu entledigen. Doch etwas Seltsames im Blick des Mädchens hält den einen Soldaten gefangen, und bevor sein Kamerad abdrücken kann, erschießt er diesen an Stelle des Kindes. Fortan sind Matthias und Renée eine Schicksalsgemeinschaft. Bald finden sie Unterschlupf auf einem Bauemhof, wobei sich der deutsche Offizier glaubhaft als Amerikaner ausgibt, was ihm auch gelingt, hatte er doch vor langer Zeit viele Jahre als Trapper unter Indianern gelebt, bevor er wieder nach Deutschland zurückkehrte. Dieses Täuschungsmanöver löst zwischenmenschliche Spannungen aus, die sich zwischen Argwohn und Hass, aber auch Liebe und Mitleid zu einem atemberaubenden Thriller entwickeln, sowohl bei Freund und Feind, Amerikanem, Deutschen und Franzosen.

Der Roman zeigt, dass Mut und Menschlichkeit in gnadenlosen entwürdigenden Zeiten des Krieges kein Feindbild kennt. Und in dieser Geschichte wird der Mutige belohnt.



H.R.

Zur Bestellung
Emmanuelle Pirotte: Heute leben wir
Verlag: S.Fischer
Eur [A] 20,60
ISBN; 978-3-10-397211-5



Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Die Rassistin von Jana Scheerer

  War es rassistisch? Die Uni-Dozentin Nora Scheerer liegt gerade im Behandlungsstuhl einer Kinderwunsch-Praxis, als sie eine Rundmail ihrer Uni erhält, in dem von einem rassistischen Vorfall am Institut für Germanistik die Rede ist. Mit einem Anflug an Schadenfreude fragt sie sich erstmal, wen von der Kollegenschaft dies wohl betreffen mag. Doch bald kommt ihr, die als woke, lesbische Frau "grundsätzlich auf der Seite derer steht, die rassistische Vorfälle bekämpfen", eine Begebenheit aus ihrer eigenen Lehrveranstaltung in den Sinn. Hätte sie nicht ganz anders reagieren sollen? War ihr damaliger Kommentar etwa völlig unangemessen gewesen? Ist etwa sie selbst die Rassistin? Scheerer, als Linguistin gewohnt, sprachliche Äußerungen zu analysieren und zerpflücken, gerät in einen grotesken Bewusstseinsstrudel, in den sich immer wieder alte Bekanntschaften mit den unterschiedlichsten Standpunkten einklinken. Wer kann dafür, wenn dies und das passiert, und muss wirklich alles über ...

Windstärke 17 von Caroline Wahl

  In dem neuen Buch „Windstärke 17“ erfahren wir mehr über den Nebencharakter Ida aus „22 Bahnen“, die jüngere Schwester von Tilda. Ida verlässt die Kleinstadt, die mal ihr Zuhause war, um von ihrer Schwester loszukommen und ihre Trauergedanken zu verdrängen. Vor zwei Monaten fand die Beerdigung ihrer Mutter statt, zu der sie nicht hingegangen ist. Jetzt möchte sie einen Neuanfang wagen, mit nur ein paar Sachen in einem alten Koffer - Klamotten, Dinge von ihrer Mutter, sowie ihr MacBook, auf dem sie immer wieder erfolglos versucht zu schreiben. Angekommen auf der Ostseeinsel Rügen, trifft sie auf den Barbesitzer Knut, der jeden auf dieser Insel zu kennen scheint. Als Ida dann von ihm und seiner Ehefrau Marianne aufgenommen wird und sie auf Leif trifft, kann sie ein wenig aufatmen und leben. Bis Idas Welt wieder ins Wanken gerät und sie feststellen muss, dass auch ein Neuanfang seine Höhen und Tiefen haben kann... Dieser Roman ist einfach eine Achterbahn der Gefühle, der einen m...

Die Reise nach Laredo von Arno Geiger

Karl V. hat lange über ein schier unermessliches Reich geherrscht. Doch nun hat er der Machtpolitik den Rücken gekehrt und sich in ein abgeschiedenes Kloster im spanischen Yuste zurückgezogen. Von seinen Hofschranzen können es manche gar nicht erwarten, ihren abgedankten, fettleibigen und kranken König tot zu sehen, um nur rasch aus dem kleinen Nest wegzukommen. Da ist aber noch der elfjährige, von seiner Mutter getrennte Geronimo, der nicht weiß, dass er ein leiblicher, illegitimer Sohn Karls ist (später wird er unter dem Namen Don Juan d'Austria berühmt sein). Greife, die prächtigen Fabelwesen, haben es ihm angetan, und in Karls Wohnung hängt ein Wandteppich mit einem Greif: "Sieh ihn dir an, wenn ich tot bin.", sagt er dem Kind. Ob das am Ende in Erfüllung gehen wird?  Noch ganz andere Dinge scheinen plötzlich in Erfüllung zu gehen: ein Ausbruch Karls aus seinem Totenbett, eine lange Reise mit seinem Sohn durch Spanien ans Meer, auf der sich seltsame Dinge ereignen, au...