„Weglaufen in der eigenen Stadt“
Der 17jährige Jakob will nach einem Streit mit seinem Stiefvater nur noch weg von zu Hause, doch wohin? Der Kontakt zu Jakobs leiblichem Vater beschränkt sich seit Jahren auf ein Paket zu Weihnachten, und doch versucht er, bei ihm unterzukommen. So einfach ist das aber nicht, die beiden sind einander fremd und da gibt es ja noch noch die neue Familie.
Wohin also? Im Internet findet er eine Plattform, die Reisenden Mitwohngelegenheiten anbietet. Warum nicht in der eigenen Stadt Tourist spielen und sich so kostenlose Übernachtungsmöglichkeiten verschaffen? Schnell ist ein Name und eine Geschichte ausgedacht. Jakob verwandelt sich in den Schotten Jeremy und eine abenteuerliche Tour durch Wien beginnt.
Anfangs läuft es sehr gut. Doch es ist anstrengend,immer zwischen Jakob, der pünktlich um 8 Uhr in der Schule sein muss, und dem Touristen Jeremy hin und her zu switchen. Daheim lässt er sich nur noch zum Sonntagsessen blicken und um Dinge zu holen, die sich im Internet verkaufen lassen – ganz ohne Geld geht es ja doch nicht (Mutter und Stiefvater lässt er in dem Glauben, bei seinem Vater zu wohnen, und diese nehmen ihm das ab, ohne nachzufragen – der einzige für mich nicht ganz stimmige Punkt in der Geschichte).
Kompliziert wird es, als ein Schulfreund Jakobs Situation herumerzählt. Schnell bilden sich in der Klasse 2 Gruppen: hält Jakob das ganze Schuljahr durch? Eine negative Dynamik entsteht, Jakob will es allen beweisen, aber bei Freunden übernachten ist ab sofort gegen die Regeln und der Druck, den Alltag zu bewältigen, steigt.
Ein spannendes Jugendbuch mit vielen Themen: Schulalltag, erste Verliebtheit und die damit verbundenen Unsicherheiten, Probleme in der Familie. Aber auch Horizont erweitern und sich auf Neues einlassen. Und nicht zuletzt Soziales und Politisches. Die Begegnung mit Hamid, einem afghanischen Asylwerber, verändert Jakob genauso wie die Beziehung zu einer Gruppe, die sich im Sammeln und Verwerten weggeworfener Lebensmittel engagiert.
Gute Jugendbücher zeichnen sich meiner Meinung nach dadurch aus, dass sie auch Erwachsenen gefallen. Atemlos habe ich Jakobs Geschichte verfolgt, immer mitgezittert, ob seine Tarnung wohl auffliegt, ihm oft zurufen wollen, warum er es sich denn nicht anders überlegt. Und großartig, wie Elisabeth Etz, die neben dem Schreiben von Kinder- und Jugendbüchern auch für den Diakonie Flüchtlingsdienst arbeitet, all diese Themen in ihre Geschichte verpackt..
Susanne Remmer
Franz Leo & Comp. KG
Zur Bestellung
Elisabeth Etz: Morgen ist woanders
Verlag: Tyrolia
Eur [A] 19,95
ISBN: 978-3-7022-3803-2
ab 14 Jahren
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