Direkt zum Hauptbereich

Unziemliches Verhalten von Rebecca Solnit

 

 

"Unziemliches Verhalten" bzw. der passendere englische Titel "Recollections of My Nonexistence" ist Solnits großartige Beschreibung ihres Werdegangs zur anerkannten Schriftstellerin, Umwelt- und Friedensaktivistin und Feministin. 

Alles beginnt mit ihrer ersten eigenen Wohnung, einem Zimmer für sie allein, eine wichtige Voraussetzung um Schreiben zu können, wie schon Virginia Woolf wusste. Und außerdem ein sicherer Rückzugsort vor der Welt, dem San Francisco der 80er Jahre, einem männlich dominierten Umfeld, in dem die Gewalt gegen Frauen alltäglich ist, ihr Leben und die Teilhabe am öffentlichen Raum eingeschränkt und das Recht auf körperliche und seelische Unversehrtheit in Frage gestellt wird. Laut Solnit ein Leben im Kriegszustand, nicht nur in der Realität, auch in der Kunst. Die schöne, junge, sterbende Frau ist ein ständig wiederkehrendes Motiv in der Kunst, laut E. A. Poe das poetischte, die meisten Geschichten, die Mädchen und Frauen hören, zeigen ihnen nur noch eine weitere Möglichkeit des eigenen grausamen Todes. Solnit wehrt sich gegen diese Bedrohung, schreibt dagegen an, sucht nach Mustern in den angeblichen Einzelschicksalen von Frauen.

Darüber hinaus gibt sie einen spannenden Einblick in die Kunstszene San Franciscos der 80er, den Anfängen des Punkrocks und seinem Lebensgefühl, Gay Pride, Friedensdemos und ihren Begegnungen mit verschiedensten KünstlerInnen, alles in einer Zeit vor Social Media. Sie betrachtet rückblickend ihr eigenes Werk, die Inspirationen und Anstöße für ihre Bücher und deren Enstehungsgeschichten. Außerdem ist die Erzählung eine Liebeserklärung an das Lesen und die Literatur sowie an die Natur und das freiwillige Alleinsein. 

Ein beeindruckendes, bereicherndes, wirklich lesenswertes Buch, das wiedereinmal ernüchternd vor Augen führt, warum der Feminismus und starke Stimmen wie Solnits so wichtig sind. 

JK

zur Bestellung

Deutsche Ausgabe übersetzt von Kathrin Razum: 
Rebecca Solnit: Unziemliches Verhalten
Hoffmann und Campe Verlag
ISBN: 978-3-455-00953-8  
[A] 23,70


Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Vier Schwestern von Ernst Strouhal

  Die bekannteste unter den vier Schwestern Benedikt ist Friedl, die als junge Schriftstellerin unter dem Pseudonym Anna Sebastian in England einige erfolgreiche Romane schrieb. Hierzulande ist Friedl Benedikt jedoch mehr aus den autobiografischen Schriften Elias Canettis geläufig, mit dem sie eine lange Beziehung hatte. Auch ist eine der Figuren in Veza Canettis Roman "Die Schildkröten", in dem die Anschlusstage in Wien 1938 beschrieben sind, ihr nachempfunden. "Sie haben Papa verhaftet!", lässt Veza Canetti in ihrem Roman die junge Frau verzweifelt sagen. Dieser Papa ist in der Realität Ernst Benedikt, ehemaliger Chefredakteur der Neuen Freien Presse. 1938 gerät das gutbürgerliche Leben der Familie Benedikt in ihrer Villa in Wien Grinzing, Am Himmel 55, tatsächlich aus den Fugen. Die vier Schwestern Gerda, Friedl, Ilse und Susi werden in verschiedene Länder geschickt, weg aus Hitlers Großdeutschland. Die Eltern folgen ihnen nach vielen Schikanen der Nationalsozial

Besser allein als in schlechter Gesellschaft von Adriana Altaras

  Es ist eine bewegende Tante-Nichte-Beziehung, die dieses autobiografisch erzählte Buch zum Inhalt hat: Die fast hundertjährige Tante lebt in einem Altersheim in Mantua und die Nichte ist erfolgreiche Opernregisseurin in Deutschland. Und da gerade strengste Pandemie-Regeln herrschen, sind es meist die Gespräche am Telefon, die Aufschluß über diese Beziehung geben. Die Tante liebt ihre Nichte und Adriana liebt ihre Tante. Auch in der Endstation Altersheim denkt die kreuzfidele Tante nicht daran, sich selbst aufzugeben, und hat für alle Fälle und für jede Situation immer das richtige Sprichwort bereit. Eines dieser Zitate gab diesem Buch sogar seinen Titel. Tantes Eigensinn läßt oft das Pflegepersonal im Heim Kopf stehen; und doch oder gerade deswegen wird sie besonders geliebt. Davon profitieren alle Beteiligten. „Das Leben bedeutet generell einen enormen Kraftau

Dork Diaries von Rachel Renée Russell

Dork Diaries  Nach dem Erfolg von Greg's Tagebuch, hier ein weiterer Comicroman - speziell für Mädchen:  Dork Diaries Band 1! Zielgruppe: Mädchen  ca. ab 11 Jahre, auch noch für Jugendliche ein lustiges Leseerlebnis Inhalt:  Neue Schule, neues Glück? Nikki ist ein Totalausfall in Sachen Coolness, ihr Vater ist Kammerjäger und fährt mit einem Kakerlakenmobil durch die Stadt, ihr Handy ist ihrer Meinung nach ein krasses Museumsstück und das Einzige was sie an ihrem ersten Schultag retten könnte, wäre ein brandneues IPhone. Stattdessen bekommt sie ein Tagebuch geschenkt, etwas das sie nie schreiben wollte. Gott sei Dank hat sie es getan und lässt uns an ihrem Leben teilhaben! Unsere Bewertung:  Dork Diaries ist ein  unterhaltsames Buch im Tagebuchstil geschmückt mit humorvollen Comiczeichnungen. Typische Situationen wie einige von uns sie als Kind/Teenager erlebt haben werden leicht überzogen und teils skurril dargestellt, z.B Nikki möchte nicht in die Sc