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Betty, Ida und die Gräfin von Claudia Erdheim


Betty Paolis Leben im Internet recherchiert ergibt das reizvolle und facettenreiche Portrait einer emanzipierten Erzieherin, Gesellschafterin, Dichterin, Übersetzerin und Kunstkritikerin im 19. Jahrhunderts in Wien. Betty Paoli wurde 1814, also vor genau 200 Jahren, geboren, und in Hietzing erinnert der Paoli-Weg an sie. Mit diesem Roman begibt sich Claudia Erdheim auf eine interessante Spurensuche ins österreichische 19. Jahrhundert.

Nach langen Wanderjahren freundet sich Betty Paoli während einer Kur mit Ida Fleischl an und findet Eingang in deren aufgeklärte jüdische Familie. Im Hause Fleischl gehen viele berühmte Persönlichkeiten ein- und aus, wie die Ärzte Breuer, Billroth und Freud. In Idas literarischem Salon wiederum treffen sich Schauspieler und Dichter, wie Burgtheaterdirektor Laube oder Ferdinand von Saar. Betty Paoli trägt dort ihre Lyrik vor und erringt die Anerkennung ihrer berühmten Kollegen. Stifter meint: Das Weib ist durch und durch Genie, und es fehlt nur noch an Ruhe und Besonnenheit! Für Grillparzer war sie „der erste Lyriker Österreichs“.

Später gesellt sich Marie von Ebner-Eschenbach dazu. Die drei Freundinnen sind unzertrennlich, sie spielen Tarock und rauchen Zigarren als Zeichen ihrer Emanzipation und nehmen Einfluss auf Wiens Kulturleben.

Das Buch ist eine Fundgrube an historischen Persönlichkeiten, Ereignissen, sozialen Zuständen, Dienstboten-Schicksalen, Politik und Kultur, Mode und Gesellschaft. Es ist ein reines Vergnügen, mit diesem Buch in jene Zeit einzutauchen (H.R.)

Claudia Erdheim: Betty, Ida und die Gräfin. Die Geschichte einer Freundschaft
Czernin Verlag
EUR[A] 24,90 [1]
ISBN 978-3-7076-0464-1

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