Direkt zum Hauptbereich

Stürmische Jahre - Die Manns, die Riesers, die Schwarzenbachs von Eveline Hasler



Nicht verpassen: Am 22.4.2016 um 17.00h präsentieren wir "Stürmische Jahre" im Theatermuseum Wien gemeinsam mit  der Autorin Eveline Hasler, dem Theatermuseum und der Schweizer Gesellschaft Wien. Es liest Marianne Nentwich.

Ein wunderbares Zeitgemälde der1930er Jahre in Zürich und Wien: Die Familie Mann verließ nach Hitlers Machtergreifung Nazideutschland und lebte ab 1933 am Zürich-See. Klaus und Erika, die älteren Kinder von Thomas und Katia Mann, engagierten sich aktiv in der Antinazi-Kulturszene, exponierten sich politisch, noch lange bevor sich Thomas Mann zu einer öffentlichen Verurteilung der Verbrechen des Dritten Reichs entschließen konnte. Ihre enge Freundin Annemarie Schwarzenbach, Spross einer der illustresten Familien der Deutschschweiz und ebenfalls Literatin, suchte im Haus der Manns Liebe, Geborgenheit und politische Orientierung. Ganz im Gegensatz zu ihrem Cousin James Schwarzenbach, der sich bei den deutsch-schweizerischen Faschisten und Nationalsozialisten engagierte und durch Störaktionen von linkem Kabarett und antifaschistischem Theater auffiel.

Wer aber sind die Riesers? Marianne Rieser war Schwester von Franz Werfel und leitete gemeinsam mit ihrem Mann Ferdinand in den 1930er Jahren das Zürcher Schauspielhaus. Unter größtem Einsatz und Risiko lotsten sie bekannte, aber von den Nazis verfemte Schauspieler und Regisseure aus Deutschland nach Zürich. Diese bildeten das legendäre Ensemble des Theaters am Pfauen, eine der bedeutendsten deutschsprachigen Bühnen in einer Zeit, als die Kultur zunehmend von der Politik ans Gängelband bzw. Würgeband genommen wurde. Mit grenzenloser Energie verbaten sich die Riesers jegliche politische Einflussnahme, bis sie dem Druck nachgeben und ins amerikanische Exil weichen mussten. Mit ihrer Schwägerin Alma Mahler-Werfel verband sie eine nicht spannungsfreie Beziehung, auch Franz Kafka und dessen Freundin Milena Jesenská waren unter ihren Bekannten.

Eveline Hasler, die schon viele interessante Persönlichkeiten literarisch kunstvoll beschrieben hat, ist wieder ein großartiges Buch gelungen. Wie schwierig war es auch für die Schweiz, vor dem Zweiten Weltkrieg die politischen Wirrnisse zu überblicken und zu umschiffen, wie destabilisierend wirkten auch hier die faschistischen Krachmacher. Aber auch der Austrofaschismus wird porträtiert mit der interessanten Episode, die in Alma Werfels Haus auf der Hohen Warte in Wien spielt. (U.R.)

Eveline Hasler: Stürmische Jahre – Die Manns, die Riesers, die Schwarzenbachs
Verlag Nagel & Kimche
Eur[A] 22.60
ISBN 978-3-312-00668-7

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Sing, wilder Vogel, sing von Jacqueline O´Mahony

  Ein Schmöker definiert sich als ein dickerer, inhaltlich weniger anspruchsvoller, aber zugleich fesselnder Roman. Und dieses Buch liest sich ebenfalls wie ein kleiner Schmöker, jedoch mit dem Unterschied, daß es nicht nur spannend ist, zugleich aber ein anspruchsvolles geschichtsträchtiges Thema zum Inhalt hat. Es geht um die Hungersnot 1849 in Irland, ausgelöst durch die Kartoffelfäule und die Landvertreibung des irischen Volkes  durch die englischen Grundherren. Dem irischen Mädchen Honora wird im Leben nichts geschenkt. Von Kind an auf sich allein gestellt und ausgegrenzt, wächst sie in Armut auf. Um nicht zugrunde zu gehen, fährt sie als blinder Passagier mit einem Schiff nach Amerika, wo sie vom Regen in die Traufe kommt, und unter sklavenartigen Umständen als Zimmermädchen schuften muß. Mit ihrer Kollegin flieht sie in den Westen. Dort steckt man sie in ein Bordell, wo sie wie e...

Die Reise nach Laredo von Arno Geiger

Karl V. hat lange über ein schier unermessliches Reich geherrscht. Doch nun hat er der Machtpolitik den Rücken gekehrt und sich in ein abgeschiedenes Kloster im spanischen Yuste zurückgezogen. Von seinen Hofschranzen können es manche gar nicht erwarten, ihren abgedankten, fettleibigen und kranken König tot zu sehen, um nur rasch aus dem kleinen Nest wegzukommen. Da ist aber noch der elfjährige, von seiner Mutter getrennte Geronimo, der nicht weiß, dass er ein leiblicher, illegitimer Sohn Karls ist (später wird er unter dem Namen Don Juan d'Austria berühmt sein). Greife, die prächtigen Fabelwesen, haben es ihm angetan, und in Karls Wohnung hängt ein Wandteppich mit einem Greif: "Sieh ihn dir an, wenn ich tot bin.", sagt er dem Kind. Ob das am Ende in Erfüllung gehen wird?  Noch ganz andere Dinge scheinen plötzlich in Erfüllung zu gehen: ein Ausbruch Karls aus seinem Totenbett, eine lange Reise mit seinem Sohn durch Spanien ans Meer, auf der sich seltsame Dinge ereignen, au...

Jeder weiss, dass deine Mutter eine Hexe ist von Rivka Galchen

  In „Jeder weiss, dass deine Mutter eine Hexe ist“ erzählt die Autorin Rivka Galchen von dem historisch belegten Hexenprozess (1615-21) aus der Perspektive der angeklagten Katharina Kepler - der Mutter des Astronomen Johannes Kepler - gemischt mit Dokumenten, Zeugenbefragungen und dem Bericht eines hilfreichen Nachbarn. Über fünf Jahre lang musste sich Katharina Kepler aus Leonberg gegen den Vorwurf verteidigen, sie sei eine Hexe. Zu den damaligen Zeiten war das kein leichter Vorwurf, allein in Europa wurden zu diesen Zeiten mehrere zehntausend Menschen als Hexe zu Tode verurteilt; die meisten von ihnen waren Frauen wie die Keplerin, eigensinnig, scharfzügig und beschlagen in Heilkräuterkunde. Der Prozess nimmt Fahrt auf, als eine Bekannte aus dem Ort, die Glasersfrau Ursula Reinhold, die Keplerin beschuldigt, sie mit einem Hexentrunk vergiftet zu haben. Die Folgen davon sollen sein: Schmerzen und Unfruchtbarkeit. Katharina beschließt, was nur jemand kann, der furchtlos ist: sie ...