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Wie man ein Genie tötet von Ingvar Hellsing Lindqvist

Der Wiener Komponist Hans Rott (1858-1884) war fast völlig vergessen, bis 1989 ein amerikanischer Musikwissenschaftler in der Nationalbibliothek in Wien auf die Originalpartitur seiner ersten (und einzigen) Symphonie stieß. Wer war aber dieser junge, mit 26 Jahren verstorbene Ausnahmekünstler Hans Rott? Sein kurzes und tragisches Leben wird von Ingvar Hellsing Lundqvist in seinem romanhaft geschriebenen Buch „Wie man ein Genie tötet“ berührend und mitreißend, aber auch an den Fakten orientiert dargestellt:

Der Anhänger von Richard Wagner war ein Meister an der Orgel und ein Ausnahmetalent im Kompositionsfach. Sein Lehrer Anton Bruckner hielt ihn für den begabtesten unter seinen Schülern, sein Studienkollege Gustav Mahler anerkannte Rotts geniales schöpferisches Können und bezog offenbar viel Inspiration von Rotts Schaffen. Heute gilt Mahler als der Schöpfer der „neuen Symphonie“, doch gebührt dieser Titel nicht viel eher dem jungen Rott?

Doch Rott hatte von Anfang seines Lebens an schlechte Karten gezogen: In eine chaotische Künstlerfamilie geboren, dann früh verwaist, musste der hochsensible Student sein und seines Bruders Lebensunterhalt verdienen. In miserablen Lebensbedingungen schrieb Rott an seinem opus magnum, seiner Symphonie, mit dem heiß ersehnten Ziel, vom Ministerium ein Staatsstipendium zu erhalten, das ihn endlich finanziell erleichtern würde, das ihm die verdiente Anerkennung in der arroganten Wiener Musikszene erwirken würde, und das ihm ein Leben mit der von ihm heiß verehrten Louise, der Schwester seines Freundes Friedrich Loehr, ermöglichen würde. Doch die Jury zeigt sich von den kühnen und neuartigen Harmonien Rotts wenig erbaut, denn die beiden gewichtigen Mitglieder Johannes Brahms und Eduard Hanslick sind als Anti-Wagnerianer bekannt und berüchtigt …

U.R.
Ingvar Hellsing Lundqvist: Wie man ein Genie tötet
Aus dem Schwedischen übersetzt von Jürgen Vater
Verlag Picus
ISBN 978-3-7117-2074-0




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