Direkt zum Hauptbereich

Der große Garten von Lola Randl


Auf Empfehlung ihres Psychoanalytikers, ein Gartenbuch zu schreiben, zieht die Autorin zur Mutter, einer Gartenarchitektin, aufs Land. Mit dem Notizbuch in der Hand fragt sie ihre Mutter, ob der Same einer Pflanze das sei, was beim Menschen der Embryo ist. Und die Mutter schüttelt über das Vorhaben ihrer Tochter nur den Kopf. Diese lässt sich jedoch nicht beirren und füllt ihr Notizbuch mit ihren täglichen laienhaften Beobachtungen, Ihre kleinen Skizzen zu gärtnerischen Gedanken ufern aus. Immerhin muss sie sich auch mit Mann und Kind, einem Liebhaber, neugierigen Nachbarn, hinzu gereisten Weltverbesserern und Geschäftemachern aus der Großstadt auseinandersetzen. So spannt sich der Bogen ihrer Gedanken über gärtnerische Übungen hin zum ,,Großen Garten" aller Kreatur am Beispiel dieses Brandenburgischen Dorfes.

Als Kostprobe hier das Kapitel über die Midlife-Crisis auf Seite 95 als eines von vielen Schmunzelerlebnissen:

,,Midlife-Crisis meint den psychischen Zustand der Unsicherheit im Lebensabschnitt von etwa 40 bis Anfang 50. Es ist mehr ein Gefühl als eine Krankheit. Ein Gefühl, dass nichts mehr so sein wird wie zuvor und ab jetzt alles den Bach runtergeht. Die Midlife-Crisis wurde in 71er-Jahren in Amerika erfunden, aber mittlerweile hat sie fast jeder, der es sich leisten kann, auch Frauen ".

Mit Lola Randls etwas schrägem und bewusst naivem Stil treffen ihre philosophischen Gedanken den Nagel auf den Kopf. Es ist ihr damit ein humorvolles Brevier der besonderen Art gelungen.

H.R.

Zur Bestellung
Lola Randl: Der große Garten
ISBN 978-3-95757-709-2
Verlag Matthes & Seitz
Eur [A] 22,70

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Sing, wilder Vogel, sing von Jacqueline O´Mahony

  Ein Schmöker definiert sich als ein dickerer, inhaltlich weniger anspruchsvoller, aber zugleich fesselnder Roman. Und dieses Buch liest sich ebenfalls wie ein kleiner Schmöker, jedoch mit dem Unterschied, daß es nicht nur spannend ist, zugleich aber ein anspruchsvolles geschichtsträchtiges Thema zum Inhalt hat. Es geht um die Hungersnot 1849 in Irland, ausgelöst durch die Kartoffelfäule und die Landvertreibung des irischen Volkes  durch die englischen Grundherren. Dem irischen Mädchen Honora wird im Leben nichts geschenkt. Von Kind an auf sich allein gestellt und ausgegrenzt, wächst sie in Armut auf. Um nicht zugrunde zu gehen, fährt sie als blinder Passagier mit einem Schiff nach Amerika, wo sie vom Regen in die Traufe kommt, und unter sklavenartigen Umständen als Zimmermädchen schuften muß. Mit ihrer Kollegin flieht sie in den Westen. Dort steckt man sie in ein Bordell, wo sie wie e...

Jeder weiss, dass deine Mutter eine Hexe ist von Rivka Galchen

  In „Jeder weiss, dass deine Mutter eine Hexe ist“ erzählt die Autorin Rivka Galchen von dem historisch belegten Hexenprozess (1615-21) aus der Perspektive der angeklagten Katharina Kepler - der Mutter des Astronomen Johannes Kepler - gemischt mit Dokumenten, Zeugenbefragungen und dem Bericht eines hilfreichen Nachbarn. Über fünf Jahre lang musste sich Katharina Kepler aus Leonberg gegen den Vorwurf verteidigen, sie sei eine Hexe. Zu den damaligen Zeiten war das kein leichter Vorwurf, allein in Europa wurden zu diesen Zeiten mehrere zehntausend Menschen als Hexe zu Tode verurteilt; die meisten von ihnen waren Frauen wie die Keplerin, eigensinnig, scharfzügig und beschlagen in Heilkräuterkunde. Der Prozess nimmt Fahrt auf, als eine Bekannte aus dem Ort, die Glasersfrau Ursula Reinhold, die Keplerin beschuldigt, sie mit einem Hexentrunk vergiftet zu haben. Die Folgen davon sollen sein: Schmerzen und Unfruchtbarkeit. Katharina beschließt, was nur jemand kann, der furchtlos ist: sie ...

Die Reise nach Laredo von Arno Geiger

Karl V. hat lange über ein schier unermessliches Reich geherrscht. Doch nun hat er der Machtpolitik den Rücken gekehrt und sich in ein abgeschiedenes Kloster im spanischen Yuste zurückgezogen. Von seinen Hofschranzen können es manche gar nicht erwarten, ihren abgedankten, fettleibigen und kranken König tot zu sehen, um nur rasch aus dem kleinen Nest wegzukommen. Da ist aber noch der elfjährige, von seiner Mutter getrennte Geronimo, der nicht weiß, dass er ein leiblicher, illegitimer Sohn Karls ist (später wird er unter dem Namen Don Juan d'Austria berühmt sein). Greife, die prächtigen Fabelwesen, haben es ihm angetan, und in Karls Wohnung hängt ein Wandteppich mit einem Greif: "Sieh ihn dir an, wenn ich tot bin.", sagt er dem Kind. Ob das am Ende in Erfüllung gehen wird?  Noch ganz andere Dinge scheinen plötzlich in Erfüllung zu gehen: ein Ausbruch Karls aus seinem Totenbett, eine lange Reise mit seinem Sohn durch Spanien ans Meer, auf der sich seltsame Dinge ereignen, au...