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Der Hammer von Dirk Stermann


Joseph von Hammer-Purgstall war einer der wirkmächtigsten Orientalisten der Geschichte. Seine Übersetzungen brachten die literarischen Schätze des Nahen und Mittleren Ostens in die europäischen Bibliotheken und von dort in die ganze Welt. Goethe, tief beeindruckt von Hammer-Purgstalls Übertragungen, schrieb euphorisch in seinem West-östlichen Divan den berühmten Satz „Orient und Okzident sind nicht mehr zu trennen“

Wenn sich ein Autor wie Dirk Stermann der Biographie dieses Giganten widmet, so darf man auf Ironie und liebevoll-schonungslose Zeichnung seines Protagonisten gespannt sein: Als Sohn eines Provinzbeamten wird Joseph Hammer zunächst in Wien zum „Sprachknaben“ und Diplomaten ausgebildet, der bald über die anderen Schüler herausragt und seine Lehrer überflügelt. Doch schon bei seinen ersten Missionen nach Konstantinopel und Ägypten zeigt sich, dass im hierarchischen Beamtenstaat der österreichisch-ungarischen Monarchie Talent nicht alles ist, was zum Vorankommen nötig ist. Unter den Adelssprössen, Protektionskindern und Hofschranzen fehlt Joseph eines: diplomatisches Geschick. (U.R.)

Die Welt war ein Ort. Alles war gleichzeitig. Sprachen und Zeiten. Tränen vor Glück und Tränen vor Trauer. Die gleiche Sonne ging auf und unter, allen Menschen, überall. (…) In Indonesien brach ein Vulkan aus, und Europa musste hungern. Es gab Wissenschaftler, die diese Verbindung hergestellt hatten. Die Welt war ein einziger Platz. Nur Dummköpfe hatten enge Grenzen und sahen nicht, dass sie alle Teil der gleichen Suppe waren, alle vereint in einem Teller. Orient und Okzident.“

Dirk Stermann: Der Hammer
Roman
Verlag Rowohlt
ISBN 978-3-498-04701-6
Eur(A) 24,70

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