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Sprich mit mir von T. C. Boyle

 

Wie ein Menschenkind wird der Schimpanse Sam von Wissenschaftlern aufgezogen. Sam trägt Kleidung, sitzt am Tisch und hat ein eigenes Zimmer mit Spielzeug und Bilderbüchern. Außerdem wird Sam in Gebärdensprache unterrichtet, denn Sam soll den Beweis erbringen, dass Menschenaffen fähig sind, über Sprache zu kommunizieren. Kleine Erfolge scheinen dies teilweise zu bestätigen: Auf kindlichem Niveau kann Sam nicht nur sagen, welche Zutaten er auf seiner Pizza haben möchte, sondern er kann auch gewitzt sein, sich verstellen, Trauer, Freude und Liebe ausdrücken. Vor allem die große Liebe zu seiner Pflegerin, der Psychologie-Studentin Aimee.

Doch nach einiger Zeit verliert die Wissenschaft ihr Interesse an den Sprach- und Sozialisierungsstudien bei Menschenaffen. Von einem Tag auf den anderen wird die Finanzierung des Projekts gestoppt, und Aimee muss erkennen, dass die Welt Sam lediglich als rechtloses Tier behandelt. Sam wird von seinem Eigentümer, dem gefühlskalten Kopf-Wissenschaftler Dr. Moncrief in seine Versuchsstation zurückgeholt, wo ihn Käfighaltung, Strafen und medizinische Versuche erwarten. Anders als ihr Vorgesetzter kann sie sich damit nicht abfinden und geht in die Höhle des Löwen …

T. C. Boyle ist wieder ein faszinierendes Buch mit Wissenschaftsbezug gelungen, das Kopf und Herz gleichermaßen berührt. „Sprich mit mir“ ist eine Hommage an alle Menschenaffen, die in den 1970er und 1980er Jahren zu Sprach- und anderen Vermenschlichungstudien benutzt wurden, wie etwa Nim-Chimpsky, Washoe, Lucy, Booee und andere. Eine Hommage aber auch an Forscher wie Roger Fouts, die sich für das Schicksal der Menschenaffen, der nächsten Verwandten der menschlichen Spezies, eingesetzt haben. (U.R.)

 T. C. Boyle: Sprich mit mir. 

Verlag Hanser

25,70 Euro(A)

ISBN 978-3-446-26915-6

 



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